Stillgelegte Industrieareale, aufgegebene Sanatorien, einstmals prunkvolle Paläste sind ein willkommenes Tätigkeitsfeld für Roland Krawulsky. »Wenn ich durch die Lücke eines verrotteten Zaunfelds schlüpfe, eine schwergängige verrostete Tür aufziehe, lasse ich die laute Außenwelt hinter mir und bin bereit für Kontemplation« berichtet er – und ist fasziniert vom Charm des Morbiden, der sich in abblätternder Farbe, rostig-braunem Interieur und zersprungenen Fensterflächen zeigt. Ein Besuch des altehrwürdigen Britischen Friedhofs zu Lissabon bescherte ihm ein weiteres prägendes fotografisches Erlebnis. »Bald merkte ich, dass ich mit meinem Interesse für historische Grabanlagen, für rissige, teils flechten- oder moosüberzogene Skulpturen nicht allein bin.« Das scheinbare Paradox von Liebe und Tod – Eros und Thanatos – fesselt Krawulsky derzeit besonders. Seine digitalen Bilder sind sehr individuell in subtile Monochromtöne oder klassisches Schwarz konvertiert. Roland Krawulsky lebt und arbeitet heute in einer ehemaligen Fabrik im einstigen Industrie- und Arbeiterviertel von Leipzig-Lindenau.

Vortrag auf der 22. Jahrestagung der Europäischen Totentanz-Vereinigung am 23. Juli 2023 in Lübeck